Im Herbst 2019 wurden bei einer landesweit repräsentativen Bevölkerungsbefragung 60.002 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen unter anderem zu ihrem Sicherheitsgefühl und ihren Erfahrungen mit Kriminalität befragt. Nun stellten Ministerin Scharrenbach und Minister Reul die Ergebnisse vor.
Die Kriminalistisch-Kriminologische Forschungsstelle (KKF) des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen (LKA NRW) war hierbei für die Inhalte, die wissenschaftliche Begleitung und die Auswertung der Daten der Studie verantwortlich, die im Auftrag des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen (IM NRW) und des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen (MHKBG NRW) durchgeführt wurde. Mit der Durchführung der Befragung wurde das Umfrageinstitut infas - Institut für angewandte Sozialwissenschaften - beauftragt.
Themenfelder der Befragung
Die landesweite Befragung liefert umfangreiche Erkenntnisse zum Thema Sicherheit und zu verschiedenen Erscheinungsformen körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt sowie zu vorurteilsgeleiteter Gewalt und Gewalt in Partnerschaften. Dabei werden insbesondere folgende Themenbereiche berücksichtigt:
- Kriminalitätseinstellungen und Sicherheitsgefühl
- Häufigkeit von Gewalterfahrungen
- Erscheinungsformen und Entstehungszusammenhänge von Gewalt
- Anzeigeverhalten von Gewaltopfern
- Gesundheitliche und seelische Folgen für Gewaltopfer
- Zufriedenheit mit Hilfeangeboten
Ziel der Befragung
Die Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) bilden das sogenannte Hellfeld ab. Dabei handelt es sich um Straftaten, die der Polizei bekannt geworden sind. Der Umfang des Dunkelfeldes, also der Straftaten, die der Polizei nicht angezeigt wurden, kann nur vermutet werden. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens möchte jedoch mehr Klarheit über die Sicherheitslage, um künftige kriminalpolitische und -strategische Entscheidungen bestmöglich treffen zu können. Neben strukturellen Erkenntnissen zu Gewaltstraftaten aus dem Hell- und Dunkelfeld sollen das Sicherheitsgefühl der Menschen in Nordrhein-Westfalen sowie die Zufriedenheit mit Hilfeangeboten für Opfer von Gewaltverbrechen erfasst werden. Die Perspektive der Bürgerinnen und Bürger ist von besonderer Bedeutung, um die Präventionsarbeit und den Opferschutz in Nordrhein-Westfalen professionell gestalten zu können.
Fragen und Antworten
Die Studie beschäftigt sich mit den Themen Sicherheit und Gewalt in Nordrhein-Westfalen. Sie soll das Phänomen Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowie Jungen und Männer erstmals in Nordrhein-Westfalen wissenschaftlich fundiert und umfassend abbilden.
Neben strukturellen Erkenntnissen zu Gewaltstraftaten aus dem Hellfeld (Straftaten, die der Polizei bekannt sind) und Dunkelfeld (Straftaten, die der Polizei nicht bekannt sind), soll auch das Sicherheitsgefühl der Menschen in Nordrhein-Westfalen betrachtet werden.
Die Perspektive der Bürgerinnen und Bürger zu den Themen Sicherheit und Gewalt ist von Interesse, um die Präventionsarbeit, den Opferschutz und die Sicherheitsarbeit im Allgemeinen in Nordrhein-Westfalen im Sinne der Bevölkerung gestalten zu können. Zudem können die Ergebnisse wichtige Erkenntnisse liefern, die im täglichen Dienst der Polizei, zum Beispiel im Streifendienst oder im Kriminalkommissariat, Verwendung finden.
Ein weiteres wichtiges Ziel war es, Erkenntnisse zu gewinnen, auf deren Grundlage präventive Maßnahmen und psychosoziale Unterstützungsangebote für gewaltbetroffene Frauen und Männer gezielt weiterentwickelt werden können.
Grundlage für die Bewertung der Kriminalitätslage in Nordrhein-Westfalen ist die bundesweit nach einheitlichen Kriterien erstellte Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). In der PKS werden die der Polizei bekannt gewordenen Straftaten einschließlich der Versuche sowie die ermittelten Tatverdächtigen erfasst. Die PKS bildet damit das sogenannte Hellfeld an Straftaten, wie zum Beispiel zu Gewaltkriminalität, ab.
Es ist jedoch anzunehmen, dass es Fälle von Gewalt gibt, von denen die Polizei keine Kenntnis erlangt (sogenanntes Dunkelfeld). Mit Hilfe der Befragung werden Erkenntnisse aus dem Hellfeld um solche aus dem Dunkelfeld erweitert, sodass ein vollständigeres Bild der Kriminalitätslage in Nordrhein-Westfalen entsteht.
Zudem werden die Bürgerinnen und Bürger repräsentativ für Nordrhein-Westfalen zu weiteren Themenfeldern befragt (siehe „Worum ging es in der Befragung?"), die die Perspektive der Bevölkerung abbilden und somit wichtige Erkenntnisse für eine umfassende und bedarfsgenaue Sicherheitsarbeit in Nordrhein-Westfalen liefern.
Die Befragung (fachsprachlich: Viktimisierungssurvey) beschäftigte sich mit folgenden Themenfeldern:
- Kriminalitätseinstellungen und Sicherheitsgefühl
- Häufigkeit von Gewalterfahrungen (körperliche Gewalt, psychische Gewalt, sexuelle Gewalt, Gewalt in Partnerschaften, Vorurteilskriminalität)
- Erscheinungsformen von Gewalt (Tatzeit, Tatort, Tatzusammenhang, Geschlecht und Herkunft der Täterinnen und Täter, Vorbeziehung zwischen Opfern und Täterinnen und Tätern)
- Anzeigeverhalten von Gewaltbetroffenen
- Gesundheitliche und seelische Folgen für Gewaltbetroffene
- Inanspruchnahme von und Zufriedenheit mit Hilfe- und Unterstützungsangeboten
- Kenntnis von und Bedarf an Hilfe- und Unterstützungsangeboten
Die Kriminalistisch-Kriminologische Forschungsstelle des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen befragte im Auftrag des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen und des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen rund 60.000 Bürgerinnen und Bürger.
Die Durchführung übernahm das Unternehmen „infas - Institut für angewandte Sozialwissenschaft".
Die Kosten für die Studie belaufen sich auf rund 500.000 Euro, die durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen bereitgestellt wurden.
Ja, die Befragung wurde auf Grundlage eines geprüften Datenschutzkonzeptes durchgeführt. Die relevanten gesetzlichen Bestimmungen wurden vollumfänglich eingehalten.
Die Befragung erfolgte anonym und freiwillig, zudem wurde der vollständige Schutz der Daten der befragten Personen durch das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen und das Unternehmen „infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft" zugesichert.
Befragt wurden 60 002 Personen aus 81 ausgewählten nordrhein-westfälischen Kommunen im Alter über 16 Jahren mit Hauptwohnsitz in Nordrhein-Westfalen. Die 81 (Ober-) Bürgermeisterinnen und (Ober-) Bürgermeister der für die Befragung ausgewählten Kommunen wurden mit einem Anschreiben von Ministerin Scharrenbach und Minister Reul über die Studie informiert.
Die Auswahl der Befragten erfolgte nach dem Zufallsprinzip durch eine sogenannte repräsentative Stichprobenziehung bei den Einwohnermeldeämtern der 81 Kommunen.
In folgenden 81 Kommunen wurden Bürgerinnen und Bürger befragt:
Aachen, Altena, Bad Berleburg, Bad Driburg, Bad Lippspringe, Bad Salzuflen, Bedburg, Bergisch Gladbach, Bielefeld, Bocholt, Bochum, Bonn, Bottrop, Dörentrup, Dormagen, Dorsten, Dortmund, Duisburg, Dülmen, Düsseldorf, Engelskirchen, Erkelenz, Erkrath, Espelkamp, Essen, Frechen, Gelsenkirchen, Hagen, Hamm, Hattingen, Hennef (Sieg), Herford, Herne, Jüchen, Kamp-Lintfort, Kevelaer, Kirchlengern, Köln, Krefeld, Langenberg, Leichlingen, Lennestadt, Leverkusen, Lippstadt, Lüdenscheid, Lünen, Marl, Meinerzhagen, Merzenich, Metelen, Möhnesee, Mönchengladbach, Mülheim an der Ruhr, Münster, Nettetal, Neuss, Oberhausen, Oelde, Paderborn, Pulheim, Radevormwald, Rahden, Recklinghausen, Remscheid, Rheinbach, Rheine, Rietberg, Schwelm, Solingen, Stadtlohn, Steinfurt, Straelen, Sundern (Sauerland), Troisdorf, Velbert, Viersen, Werne, Wesel, Wuppertal, Würselen, Zülpich.
Die Befragung erfolgt schriftlich-postalisch mithilfe eines umfangreichen Fragebogens. In einem ersten Schritt wurden die Bürgerinnen und Bürger am 20. August 2019 darüber informiert, dass sie für diese Studie ausgewählt wurden.
Kurz danach – Anfang September 2019 – erhielten die Personen ein weiteres Anschreiben mit dem Fragebogen sowie einem frankierten Briefumschlag für die Rücksendung. Zwei Wochen später erhielten die Befragungspersonen ein kombiniertes Dank- und Erinnerungsschreiben, um für die Teilnahme an der Befragung zu danken oder an diese zu erinnern. Die Befragung wurde Anfang November 2019 abgeschlossen.
Die ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern hatten die Möglichkeit, sich bei Rückfragen zum Fragebogen oder zur Studie telefonisch über eine kostenlose Rufnummer oder per E-Mail zu erkundigen. Die Erreichbarkeiten wurden den Bürgerinnen und Bürgern im Anschreiben mitgeteilt.
Mit der Befragung wurde ein sehr guter Rücklauf von über 40 Prozent erreicht.
Insgesamt wurden 60.002 nach statistischen Methoden ausgewählte nordrhein-westfälische Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren um Teilnahme an der Befragung gebeten. 3 218 (5,4 %) der 60.002 Bürgerinnen und Bürger konnten nicht erreicht werden, da sie zum Befragungszeitpunkt bereits verstorben, ins Ausland verzogen oder im Inland umgezogen waren. Die bereinigte Bruttostichprobe umfasst entsprechend 56 784 Bürgerinnen und Bürger.
Es wurden 24 600 Fragebögen zurückgesandt, von denen 24 522 ausgefüllt waren. Von den 24 522 zurückgesandten Fragebogen wurden für die Datenanalysen 672 Fälle (2,7 %) ausgeschlossen. Hierunter befinden sich Fälle, in denen Personen angegeben haben, vor dem 01. Januar 2003 geboren worden zu sein, also Fälle, in denen Personen den Fragebogen ausgefüllt haben, die im Rahmen der Stichprobenziehung auf Grund ihres zu niedrigen Alters nicht ausgewählt worden sein können sowie Fälle, in denen die befragten Personen 50 Prozent oder mehr des Fragebogens nicht ausgefüllt hatten. Die Datenauswertung erfolgte entsprechend anhand von 23.850 Fällen.
In der Kriminalistisch-Kriminologischen Forschungsstelle des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen wurde ein umfassender Forschungsbericht zur Studie erstellt. Dieser beinhaltet Erkenntnisse zum Sicherheitsgefühl der nordrhein-westfälischen Bevölkerung, zur Verbreitung und den Erscheinungsformen von Gewalt, zum Anzeigeverhalten der nordrhein-westfälischen Bevölkerung sowie zu Hilfe- und Unterstützungsangeboten für Gewaltbetroffene in Nordrhein-Westfalen. Auf den ersten Seiten des Forschungsberichtes findet sich eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse.
Weiterführende Informationen finden Sie auf der Internetseite des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Digitales des Landes Nordrhein-Westfalen https://www.mhkbd.nrw/sites/default/files/media/document/file/Forschungsbericht_Studie_Sicherheit_und_Gewalt_in_Nordrhein-Westfalen.pdf und auf der Projekthomepage des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen unter: https://polizei.nrw/artikel/sicherheit-und-gewalt-in-nrw.
Der Fragebogen wurde einer repräsentativen Stichprobe von 60.002 nordrhein-westfälischen Bürgerinnen und Bürgern zugesandt. Bei Bürgerbefragungen kann das Antwortverhalten unterschiedlich sein. Frauen sind etwa häufig eher zu einer Teilnahme bereit als Männer, ältere Personen eher als jüngere Personen und Personen mit Migrationshintergrund sind eher unterrepräsentiert. Durch statistische Verfahren (Datengewichtung) lassen sich solche Verzerrungen korrigieren. Bei der Auswertung wurde, wo statistisch notwendig, eine solche Datengewichtung vorgenommen.
Die Ergebnisse der Studie sind nach den Merkmalen Alter, Geschlecht, Schulabschluss, beruflicher Abschluss, Erwerbsstatus, Migrationshintergrund, politische Ortsgrößenklasse und Haushaltsgröße repräsentativ für die nordrhein-westfälische Bevölkerung.
Den befragten Bürgerinnen und Bürgern wurde die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen des Datenschutzes garantiert. Eine kommunenspezifische Auswertung oder die Herausgabe der Daten an Kommunen ist vor diesem Hintergrund nicht möglich.
Das Land Nordrhein-Westfalen beteiligt sich an der Studie „Sicherheit und Kriminalität in Deutschland" (SKiD). Hierbei handelt es sich um eine über den Fonds für die Innere Sicherheit der Europäischen Union kofinanzierte Bevölkerungsbefragung, die in Zusammenarbeit von Bund und den Bundesländern erstmals im Herbst 2020 durchgeführt wird. Bei der Befragung werden viele ähnliche Themen aufgegriffen.
In einem Sondermodul können die Bundesländer für ihr Bundesland ein Schwerpunktthema auswählen. In Nordrhein-Westfalen wird ein Fokus auf das Thema Sicherheit im öffentlichen Raum gelegt und ergänzende Fragen dazu gestellt.
Nähere Informationen zu dieser Studie finden sich auf der Projekthomepage des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen unter: https://lka.polizei.nrw/artikel/sicherheit-und-kriminalitaet-in-deutschland und der Projekthomepage des Bundeskriminalamtes unter: https://www.bka.de/DE/UnsereAufgaben/Forschung/ForschungsprojekteUndErgebnisse/Dunkelfeldforschung/SKiD/skid_node.html.